VENUSFALLE, 2023


Die Haare noch nass, die Tropfen auf dem weißen Dielenboden formen sich zu kleinen Seen. Die Lederhose schmiegt sich an, der rote Lippenstift ist aufgetragen, du schaust mir in die Augen: “You look hot baby“.

Die Internetverbindung langsam, wir bei den girls, hier ist es immer sicher negativ, Stäbchen rein, Tränen raus. Vorbei an den Dönerbuden, die lachenden Gesichter gepaart mit den traurigen Blicken der Anderen und der Wut von Vielen, vermischt sich das Bild der Stadt mit dem Feld und der Weite. Der Himmel lichtet sich nach den Stunden voller Regen, die Tropfen trocknen im Sonnenuntergang und die Stadt transformiert, die Neon Lichter verschmelzen mit den Farben des Himmels, der an uns vorbei zieht.

Der große Schriftzug KIEFERORTHOPÄDIE, der Name des Studios ganz klein und zierlich, doch wenn man genau hinschaut ein elegant verspielter Schriftzug in Gold. Ein kleines Detail gewollt zu übersehen, doch die die es finden wissen Bescheid, für die Anderen bleibt es unsichtbar und verschwindet mit der grauen Fassade und dem Dunst der Stadt. 

Vorbei an Tänzern und Pimps, die Federboa neben dem pinken Rollkoffer, die Dame am Eingang, groß gewachsen und voller Eleganz. Masken, Hunde, Schweine, Käfige, Lederoutfits, nackte Haut, Frauen in Anzügen, Männer in Latex, Trans, Cis, Drag, High femmes, graue und bunt schillernde Menschen, schwitzende, elegante und leuchtende Körper,  verschmolzene Hybride. Körper, Fleisch, Flüssigkeiten, ein salziger Geruch und die spürbare sexuelle Gier. 

Mini Heartbreaks und Cosmic Love. 

Der Schwan zaubert mir ein Lächeln ins Gesicht. Im Schneesturm neben den Mülltonnen, und diese schreiende Katze. Ein Mann mit Hut zerrt an meiner Hand, lächelt breit und führt mich in einen Raum. Nackte schreiende Fratzen, Champagner, Koks, alles wird eingeführt und inhaliert, Körper und Seelen verpuffen im Sand. Brüste werden gierig gesaugt, sie bietet sich an, ich biete mich an. 

Hinter meinen Augen wird es dunkel und ich fühle mich wie das physische Äquivalent eines Schreis.

Deine Brüste, dein sanftes streichen durch mein Haar, die Fingernägel die kratzend an der Oberfläche zurückbleiben, ich zittere, dein warmer Körper wird kalt. Der Mann mit Hut zerfleischt mich, ich schreie stumm, dein Gesicht verschwimmt.  Er nimmt sich alles, reicht mich weiter,  das Blut tropft und die Explosionen ihrer Lust bleiben als trockene Spuren in und auf meinem Körper zurück. 

Eine Gewalt, die wie statische Elektrizität im Raum schwebt und die Möglichkeit von Zukunft oder Sicherheit vollständig vernichtet.

Ursache und Reaktion.

Sie nimmt meine Hand und fragt, bist du OK?  

Wer bist du?

Mein Kopf auf deiner Brust bitte halt und fick mich. As hard as you can. Ich will was spüren, will bluten, bitte schlag mich. Ich will mich in dir verlieren.

Der Clown mit der rosa Perücke und die Nadeln die sich ihren Weg durch das Fleisch bahnen. Dazu klassische Musik und die Peitschen im Rücken. Vom goldenen Zimmer zu den Käfigen, vorbei an den Spiegeln, zu weit und dann viel zu nah. Ich taste nach deiner Hand und tanze mit dir durch die Räume. Wir verschmelzen kratzen, inhalieren, Spucke und Blut vermischt sich mit all den anderen Flüssigkeiten. Deine Verletzlichkeit wird meine Tonspur. Deine Lust mein Herzschlag. Wir ficken so hart, dass Scham und Moral weichen. Unsere Stimmen brechen durch die Mauern der dunklen Straßen. Das Feuer leuchtet so hell, dass es Löcher in die Augen derer brennt, die uns die Existenzberechtigung absprechen. 

Ich berühre meine Brust, da wo das Herz ist, denn es überschlägt sich.